#1 Sichtweisen
"Weißt du, was mich an der Wirklichkeit fasziniert?
Der Herstellungsprozess." (Verfasser unbekannt)
„Mindestens haltbar bis…“ klingt doch sehr faktisch, nüchtern und technisch. Ich fand schon immer die englische Entsprechung „best before…“ stimmiger im Ausdruck: Darin liegt für mich eine Wertigkeit, die sich zwar zeitlich klar positioniert für einen Zeitraum eines Besten oder Besseren, jedoch auch ein Gut danach zulässt.
Wie ist das in Beziehungen? Wie lange sind sie „haltbar“? Und was sind die Bedingungen für eine lange Haltbarkeit oder eben ein „best“? Gibt es hier auch ein „best before…“? Gibt es in Beziehungen einen Zeitraum, in dem „es“ eben "am besten“ ist? Und, was ist eigentlich dieses „ES“? Ich denke es gibt ihn, diesen Zeitraum - also ein klares JA. Denn wenn es nicht mehr bestens ist, können wir meist benennen, was zum Ermüden, zum Verschlechtern oder gar zum Verderb der Beziehung geführt hat. Somit muss es umgekehrt Qualitäten, Grundhaltungen und Handlungsweisen geben, die das beste, eben dieses „best“ in einer Partnerschaft stärken. Denn klar ist auch: Wer den Zeitraum des „best before…“ zu lange überschreitet, dem wird irgendwann möglicherweise selbst das Gute abhanden kommen.
In unserem Projekt BEZIEHUNGSWEISE widmen wir uns der weisen Beziehungen, den Beziehungen & Dynamiken einzelner Lebensthemen untereinander sowie der Art und Weise, wie wir unsere Beziehung bewusst(er) gestalten. Denn Beziehungen passieren nicht nebenher, sie erfordern Aufmerksamkeit, Achtsamkeit und Pflege. Wer seinen Jogurt nicht in den Kühlschrank stellt, wird schnell feststellen, dass die Kulturen darin ein Eigenleben zu unseren Ungunsten entwickeln. Niemand würde sich darüber beschweren, denn die Verantwortung ist klar. In Beziehungen und Partnerschaft gibt es auch solche erhaltenden Maßnahmen….wobei wir wieder im technischen Duktus sind.
Kurzum - wir gestalten unser Herzensprojekt, die Beziehungsweisen.
Innerhalb dieser Reihe greifen wir 12 Themen auf und jeweils monatlich betrachten wir eines näher.
Im ersten Thema geht um unsere Sichtweisen.
Allein der Begriff "Sicht" zeigt sich in so vielen Facetten, welche prägt unser Denken und Handeln?
Einsicht | Durchsicht | Absicht | Ansicht | Aufsicht | Aussicht | Weitsicht | Fernsicht | Innensicht | Klarsicht | Vorsicht | Rücksicht | Übersicht | Zuversicht | Umsicht ...
Es lohnt sich also, seine Sichtweisen miteinander zu teilen:
Miteinander real fernsehen, die Wirklichkeit nahbar machen und dadurch Verbundenheit stärken!
Wenn wir uns unserer eigenen Sichtweisen klarer werden, wird unser Miteinander auch verstehbarer:
Wenn beispielsweise die Sichtweise der einen Person tendenziell eher die Rücksicht ist, wird sie unter Umständen eigene Bedürfnisse erst spät formulieren. Diese Rücksicht hat ihren Sinn und ist vielleicht eine lange Wegbegleiterin. Sie verhindert jedoch auch die Chance auf ein Wachstum durch Auseinandersetzung. Sie verhindert vielleicht auch eine Lernchance des Partners, der Partnerin, da diese*r sich in den eigenen Bedürfnissen immer berRÜCKSICHTigt fühlt und keinen Bedürfnisaufschub erlebt….
Wer von Vorsicht geprägt ist, dessen Handeln und Reagieren verhindert vielleicht ein (spontanes) Erlebnis, das die gemeinsame Erlebensqualität erweitert. In Beziehung ist Raum für Ermutigung und Wachstum, hier können Sichtweisen verändert und ergänzt werden. Natürlich frei von Druck. Die Qualität der Gemeinsamkeit wächst im besten Fall.
Auch birgt z.B. eine von Aussicht geprägte Sichtweise die Gefahr, das Hier & Jetzt zu versäumen, da tendenziell ein „Wenn…, dann…“-Modus aktiviert ist, der auch als gute Ablenkung dient…
Der Austausch und die Reflexion der Sichtweisen macht Beziehung weiser!
Viel Freude beim Entdecken wünschen
Rebecca Hofer-Warth & Johannes Warth
Monatsimpulse #1:
- Welche Sicht weist uns den Weg?
- Welche Sichtweisen teilen wir?
- Worin liegt unsere gemeinsame Blickrichtung?